... Piero Steinles Blick auf die geschundene Kreatur hat nichts Voyeuristisches, er verhilft den Tieren zu einer fast poetischen Existenz: Wenn der tote Schafbock auf dem flimmernden nassen Boden der Abdeckerei erkennbar wird, glaubt man das Sternbild des Widders am Himmel aufgehen zu sehen.

Gottfried Knapp, Süddeutsche Zeitung, Im Licht des Fleisches, 5./6.Mai 2001

... Die Bilder machen betroffen - nicht nur wegen des Anblicks grauenvoll zugerichteter Lebewesen, sondern vielleicht mehr noch, weil sich darin eine Ästhetik offenbart, in der sich die brutale Realität in Kunst transzendiert. Können entstellte tote Tiere schön sein? Eine blasphemisch anmutende Frage, die einem die eigenen ästhetischen Vorstellungen als Abgrund vor Augen führt.

Und doch ist Steinle weit davon entfernt, das Elend der Tiere für ein ästhetisierendes Spektakel zu missbrauchen. Es ist eher der gegenteilige Weg: Die Bilder rufen mit dem Blick auf die Tiere wieder ins Gedächtnis, was Kunst eigentlich ist. Dass ein abstraktes Gemälde nicht einfach l’art pour l’art, eine mehr oder weniger beliebige Verteilung von Farben auf einer harmlosen Leinwand ist, sondern ein Drama, das sich aus Leid und Tod speist, Verwerfungen und Entstellungen zur Folie hat. Und mehr noch: dass es die Kunst der leidenden Kreatur schuldig ist, dieser Realität mit entsprechendem Ernst und der nötigen Sensibilität Tribut zu zollen ...

Steinles Blick auf die Tiere ist einfühlsam und mitfühlend. Trotz aller Entstellungen, trotz gebrochener und verrenkter Gliedmaßen, trotz zu unwürdigen Fleischbergen aufgetürmten Tierleibern wahrt jedes Bild die Würde der Tiere. Das liegt zum einen an der Entscheidung für Schwarzweiß, die einen Verzicht auf den Blutrausch mit sich bringt und stattdessen eine poetische Verfremdung, eine Umwertung bewirkt. So reduziert er die Leiber eben nicht nur auf fies geschundenes Fleisch, sondern gewinnt den Oberflächen eine traurig-reizvolle Schönheit im Spiel von Licht und Schatten, in der Textur von Fell und Haut ab oder sieht ornamentale Strukturen in den aufgeschichteten Tierkörpern und Tierkörperteilen. Vor allem aber liegt es daran, dass er der namenlosen Fleischmasse immer wieder Individuen entreißt. Selbst in regelrechten Tierkörperbergen focussiert Steinle stets den Blick auf Individuen, die aus der Masse herausragen: Ein traurig blickendes, gebrochenes Auge, ein verzweifelt nach oben gestrecktes Bein, eine verkrampfte Klaue bilden eindringliche persönliche Kontrapunkte zum anonymen Tiermehl, zu dem sie verarbeitet werden.

Meist aber nimmt er ohnehin einzelne Tiere in den Blick, die in ihrem nackten Dasein eine ganze Lebensgeschichte zu erzählen scheinen. In unendlicher Einsamkeit liegen sie auf dem asphaltierten Hallenboden, isoliert von jeglicher Umwelt. In der Schwarzweißtechnik werden die Blutlachen zum tiefschwarzen Bildgrund, der dem Geschehen eine existenzielle, ja kosmische Dimension verleiht: Aufstrahlende Glanzlichter auf dem blutnassen Boden verwandeln die Abdeckerhalle in einen Sternenhimmel, auf dem man die Tierkreiszeichen als Seelen der toten Körper aufleuchten zu sehen glaubt....Anders etwa als die Becher-Schule, deren nüchtern-kühler, inventarisierender Blick für solche Gefühle wenig Raum lässt, hat Steinles Zugriff auf die Realität in jeder Phase eine poetische Qualität ...

Reinhard Spieler: Piero Steinle: Tierkörper. Kunstforum 156, august 2001

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