Detonation Deutschland

Projected onto seven screens in a darkened room, the videoinstallation Detonation Deutschland (1996) shows buildings in Germany being demolished. The projection run in chronological order from 1945 up until today. Almost like a moving, cinematic antithesis to Bernd and Hilla Becher's serial photographs, these short films of civilian detonations have been arranged as building typologies. At first glance it would seem as if Julian Rosefeldt and Piero Steinle both qualified architects have foregone any artistic shaping of their archival material. To date, historically well-founded research and an architectural focus have been important elements throughout their collaborative endeavors. These could be described as a kind of investigative, archaeologIcal study of the present. Exemplary of their approach were installations based on photographic imagery of vast, normally inaccessible, spaces in the cities of Munich and Paris (including empty halls, roof trusses, storehouses, underground reservoirs and streetcar depots). Another work, Stadt im Verborgenen, disclosed the system of underground tunnels around the former Nazi party headquarters on Munich's Königsplatz. Detonation Deutschland would also seem to avoid any hint of stylization in its straightforward scenes of buildings being blown up in West Germany during the post-war period of "The Economic Miracle" and in East Germany following the demise of the German Democratic Republic.

After viewing these scenes for only a short period of time, however, it becomes obvious that Rosefeldt and Steinle have developed quite strategically the ambivalent, unobjective, and atmospheric elements in the ostensibly documentary footage. As represented here, it is apparent that these documents are anything but objective, and the pleasure taken in them is anything but harmless.

The desire kindled by the numerous scenes of exploding buildings to see more violent explosions and the cinemagraphic delight taken in the darkened installation's various images of destruction are akin to the strange power of attraction that emanates from car crashes, news reports or natural catastrophes. The observer slips into an ambivalent state, torn between fear and pleasure. As the artists aver, "film documentaries of detonations are particalarly fascinating, because we know from the outset that the destruction is definitely going to take place." When presented as an all-round panorama, what initially looks like a collection of material from the archives of a television studio or a demolition company, or of historical documents on urban redevelopment, exudes the ambivalent allure of a frightening yet fascinating theatrum mundi. At the very last moment of its existence, a piece of real estate, which seemed by definition to be immobile, becomes animated, as frearing up like a huge animal. Clearly, formal polarities have been artistically fashioned. The collage-like simultaneity on the seven screens begins to contradict the chronological historicity of the documents. After a while in the dark room, the ambivalence at the objective, historical core of the theme is also revealed. What was acted out during the peace and quiet of that reconstruction phase after World War II was the "second destruction" of German cities making for a kind of compulsive repetition. To this extent, the German economic success story after 1945 can also be read as an "explosive story" (Steinle/ Rosefeldt) or a history of explosions. Through their installation Rosefeldt and Steinle draw attention to that powerful drive towards what Hans-Peter Thurn calls "deculturation," without which the process of civilization would never take place, in spite of all its rhetoric about construction. "The detonations are shown to be part of a historical process. They are metaphors: for transience the transience of systems, ideologies, powerstructures and their status symbols." (Steinle/Rosefeldt)

M.Winzen, in: Matthias Winzen, Ingrid Schaffner: Deep Storage, New York, Munich 1998

Einstürzende Altbauten

'Detonation Deutschland' - eine erschütternde Videoinstallation

Julian Rosefeldt und Piero Steinle lassen es krachen. Und nicht nur das, sie lassen es auch donnern und rumoren, splittern und bersten. Die beiden wohl jüngsten - und sicher mit die interessantesten - deutschen Ausstellungsmacher müssen sich derzeit fühlen wie Gulliver im Legoland. Von Kaufbeuren bis Helgoland schleifen die beiden ehemaligen Münchner Architekturstudenten barocke Stadtschlösser oder zerbröseln die Bunkeranlagen der Nazis. Sie lassen die Kirchtürme nicht im Dorf und fegen auf der grünen Wiese ganze Fabriken hinweg. Per Videokulisse und Klangteppich.

Mit gewaltiger Suggestionskraft geht die sublim aus dokumentarischen (also echten) Filmsequenzen, Videoaufnahmen und akustischen Motiven gewobene Collage unter die Haut - springt in die Augen und kriecht in den Gehörgang. Die staunenswerte, rätselhafte und bis zur Ernüchterung berauschende Installation 'Detonation Deutschland' zeigt sich heute und noch bis zum 5. Mai in der Orangerie am Chinesischen Turm dem Betrachter das Spiegel- und Sprengbild einer ganzen Nation.

Und zwar das der Nachkriegsgeneration. Das erste Bild im mit schwarzem Tuch zum Schlund geweiteten Raum: ein erst Stein, dann Alp gewordenes Hakenkreuz. Jenes, das der megalomanischen Architektur-Krönung des Reichsparteitaggeländes in Nürnberg dient. Nein: diente. Noch während sich der Betrachter allmählich an die gespenstische Leere und Stille der rechteckigen Halle gewöhnt, detoniert das Symbol des Grauens - mitten hinein in einen sich aus der Tiefe der Geschichte wie des Raumes zu den brusthoch gehängten sieben Leinwänden emporwindenden Laut. Das Warn-Tuten der Sprengmeister schwillt zur Siegerhymne. Denn ähnlich ergeht es dem Führerbunker in Berlin, dem Münchner Ehrentempel am Königsplatz oder den U- Boot-Quartieren auf Helgoland: Gebaut für 1000 Jahre, zerstiebt das unerbaulich bauliche Erbe zu Staub. Asche zu Asche, Bauschutt zu Bauschutt. Am Anfang steht das Ende - mit einer Ladung Dynamit.

Es geht aber nicht nur um die - meist befreiende und mitunter auch bemäntelnde, auf jeden Fall: problematische - Beseitigung des nationalsozialistischen Architektur-Gebräus. Sondern auch darum: um Wiederaufbau und Wirtschaftswunder, um Ost-Propaganda und West-Kahlschlag, um Moderne und Postmoderne, schließlich auch um die heikle Gratwanderung zwischen Denkmalschwund und Schund. Die kunstvoll komponierte Installation ist selbst eine Art Sprengsatz - so raffiniert wird das gesellschaftliche, wirtschaftliche, technische und nicht zuletzt auch ästhetische Thema in immer wieder neuen Bild- und Tonkombinationen variiert. Die Orangerie ist wie das Innere eines gigantischen Kaleidoskopes: verwirrend. Da scheinen plötzlich aus allen Projektionsflächen, die unbespielt wie bleiche Gesichter aus dem Dunkel starren, Schlöte und Türme und Masten zu wachsen. Groß im Bild: ihr massiger Fußpunkt. Breitbeinig, stämmig. Wie unbezwingbare Titanen der Technik stehen sie da. Dann, ein kurzes Zittern, ein Vibrieren nur: Schon knicken sie ein, sacken weg, kegeln um. Als hätten sie künstliche Gelenke bekommen, verrenken sie sich - bis sie endlich haltlos und lächerlich gemacht am Boden liegen. Oder die stahlbewerten Pfeiler einer Brücke: wie Dominosteine fallen sie um. Ein Kühlturm: Der wankt nicht einmal; er verliert schlicht die Hosen. In wenigen Augenblicken löst sich das Fassadenkleid und gleitet herab wie eine Tapete. So weit, bis das einstige Monster endlich zur Mousse geworden ist - und aus dem Fundament gelöffelt werden kann. Ob heilige Halle oder Technik, ob Kathedrale der Arbeit oder des Glaubens, bis hin zum Truderinger Einfamilienhaus: Nichts ist sicher vor den professionellen Pyromanen. An die tausend Abrißsprengungen der deutschen Nachkriegsgeschichte haben Rosefeldt und Steinle in den Medienarchiven recherchiert.

Gesprengt und platt gemacht wird mal der Rendite, mal der Form - und immer des 'Neuen' wegen. Oder aus Gründen der Hygiene, wie es bei Alban Nikolau Herbst schon heißt: 'Die Liebe zum Altbau. . . die ist nicht nur pervers, nein, sie ist politisch gefährlich. Und abbruchreife Häuser gar, die stehen, so lange sie stehen, jedem Fortschritt entgegen. Es sind Partisanen, ja Terroristen. Sie sabotieren die allgemeine Wohlfahrt, das Wachstum, die Waren, und darum muß man sie bedingungslos ausrotten. Die effektivste Form der architektonischen Ausrottung ist die Sprengung. Auch Bombardierung wäre effektiv.'

Tatsächlich wähnt man sich in der sonst eher friedlichen Orangerie mitunter mitten im Krieg. Akustisch jedenfalls: Kanonendonner oder Sprengung? Und die Bilder - mal verdoppelt und verdreifacht, im Kanon oder gegeneinander geschaltet, eben noch fern, dann nah -, sie bleiben trotz ihrer zeitlichen und kompositorischen Logik letztlich rätselhaft. Das ist gut so. Eben ist noch eine Wand da. Schon wankt sie, zerfällt. Wird zum Glockenturm, der explodiert. Aus dem Staub kriecht eine Brücke, die einstürzt. Daraus wächst ein. . . ja, was? Ein Büroturm vielleicht, der die Wolken über Frankfurt kratzt? Fiktion vermischt sich mit Realität. Der kindliche Wunsch nach Zerstörung macht dem ältlichen Verlangen nach Bewahrung Platz - und umgekehrt. Und zu alldem brüllen die Leinwände. Oder schweigen. Und in die Stille hinein denkt man: Alles ist so vergänglich wie sprengbar. Und ist ziemlich erschüttert.

GERHARD MATZIG, Süddeutsche Zeitung 29.03.1996

Detonation Deutschland Eine Ausstellung in Wien

"Quälend lange ist das riesige Hakenkreuz auf dem Nürnberger Reichstagsgebäude zu sehen, bis es mit lautem Knall zerbirst. Auch der ideologische Neuaufbau legt seinen Grundstein symbolisch: mit der Sprengung des Alten. «Detonation Deutschland» nennen Julian Rosefeldt und Piero Steinle ihre Videoinstallation im Architekturzentrum Wien, einer Reise in ein Land, in dem die Wucht der Detonation das pathetische Mass für ideologische Veränderungen und für die unaufhaltbare Macht des Fortschritts ist. 1867 hat der französische Gärtner Joseph Monier den Eisenbeton entwickelt, während im gleichen Jahr Alfred Nobel das Dynamit erfand. Die heitere Wechselwirkung beider Stoffe dauert bis heute an. Und Deutschland ist, nach Rosefeldt und Steinle, Meister einer perpetuierten Kunst: Man sprengt seine Geschichte, um an einer neuen zu bauen.

Das war schon so, als es noch die später geschleifte Mauer gab. Die DDR räumt mit Dynamit ganze Häuserblöcke aus den Stadtbildern, um Aufmarschgebiete zu schaffen, macht mit der Beseitigung der Stadtschlösser von Berlin und Potsdam dem architektonischen Beharrungsvermögen deutscher Vergangenheiten ein Ende, um schliesslich selbst am wunden Punkt ostdeutscher Material-Solidarität anzukommen. Die ersten Plattenbauten sacken in sich zusammen, während auf der anderen Seite die protzigen Paläste der Wirtschaftswunderjahre krachend in die Luft fliegen.

Rosefeldt und Steinle erzählen - vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis heute - die Chronologie einer elementaren Leidenschaft, die sich am liebsten mit den Argumenten des Fortschritts und der ökonomischen Vernunft tarnt. Nacheinander und fein gruppiert werden historische Gebäude, Brücken, Schornsteine, Industrieanlagen und Wohnblöcke unter sprengmeisterlicher Präzisionsarbeit dem Erdboden gleichgemacht. Aufbau und Abriss sind in diesen Filmdokumenten Ergebnisse der gleichen Regung, geboren aus der Emsigkeit deutscher Tatkraft.

Die Videoinstallation, für die Material von über 1000 Sprengungen gesichtet wurde, inszeniert das Pathos deutscher Sprengung mit höchst adäquaten Mitteln. Auf sieben Projektionsflächen finden die Detonationen simultan statt oder in zeitlicher Verzögerung, durchbrochen von plötzlichen Augenblicken der Stille. Zeitgenössische Kommentare überliefern einen zeitlosen Triumph: «Unser Berlin wird schöner, als es je war.» Am Ende der einstündigen Kompilation ist man in der Gegenwart angelangt. Noch steht im Frieden seiner Hecken ein mansardengekröntes Eigenheim. Und es kommt, wie es kommen muss, an diesem Standort Deutschland."

Paul Jandl, 13. August 2001, Neue Zürcher Zeitung

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